Keine Frage, Wettbewerbe benötigt das Land. Unzählig sind die Innovationswettbewerbe in unserem Land, erst recht europaweit. Eine einfache Feststellung mit großer Tragweite. Denn sie lassen keine Rückschlüsse zu über den Inhalt und die Komplexität des Begriffs ‘Innovation’. Meist wirtschaftlich orientiert sind die Vorgaben: Mehr Umsatz und neue Arbeitskräfte. Viele Firmen schaffen das auch, aber sind sie deswegen innovativ? Innovation bedeutet schlicht Neuerung. Neue Produkte, neue Prozesse, neue Absatzmärkte, neue … Für Frederik Pferdt, den Innovationschef von Google, sind die wichtigsten Ingredienzen für Neues: Vertrauen, Respekt, Offenheit und Transparenz. So einfach gesagt, so schwierig die Umsetzung.
Richard Jussel ist einer im Holzbau, dem so etwas gelingt. Den Geschäftsführer der Blumer-Lehmann AG begeistern innovative Ideen von Architekten und Planern, die er mit seiner Mannschaft umsetzen darf. Die Basis für Holzbauten in höchster Vollendung sind Jussels Offenheit gegenüber neuen Herausforderungen und das unerschütterliche Vertrauen in sein Team. Fachwissen und Kreativität, die sich in über 120 Projekten zeigen – von Gewerbe- und Industrie- bis zu mehrgeschossigen Wohnbauten. Die Vierfach-Sporthalle im Schweizerischen Sargans ist so ein zimmermanntechnisches und tragwerkplanerisches Bravourstück. Zwei-Gelenks-Rahmen, eng aneinandergereiht im Abstand von knapp 1,65 m, überspannen die 30 m breite Halle. Die Riegel in 10 m Höhe beeinflussen wegen ihres schlanken Querschnitts die Raumwahrnehmung maßgeblich. Angenehm und wohlfühlend wirkt der fragile Holzbau auf die Sportler und Sportlerinnen, die von den Ingenieurs- und Holzbauinnovationen wenig ahnen.
Etwa die neuartigen Verbinder für die Rahmenecken, oder dass die 7 m hohe Glasfassade ohne aussteifende Elemente auskommt. Ausgeschrieben in einem einstufigen, anonymen Projektwettbewerb waren die Auflagen der Bauherren Nachhaltigkeit, regionale Wertschöpfung, kurze Bauzeit und Design-to-cost. Aus Schweizer Wäldern wurden in die Sporthalle 1.250 m3 Holz verbaut, das in dreieinhalb Stunden nachwächst. Kurze Transportwege minimierten zudem den Energieaufwand und den CO2-Ausstoß. Auch volkswirtschaftlich beachtlich, denn 94 Prozent der Holzbauarbeiten führten Schweizer Unternehmen aus. Die Gebäudehülle aus unbehandelter, einheimischer Fichte lässt das Gebäude mit dem umliegenden Raum verschmelzen. Moderne Holz-Architektur, eingebettet zwischen hochaufragenden Berggipfeln.
Respekt im Umgang mit Menschen und vor dem Baustoff Holz ist offensichtlich eine markante Eigenschaft von Richard Jussel. „Wir Hölzigen haben es gerne geradlinig und klar“, bekannte er in einem Interview. Nur so lassen sich herausragende Holzbauprojekte verwirklichen: architektonische Highlights wie den Golfclub Nine Bridges in Südkorea mit seinen pilzförmigen Holzelementen oder das siebengeschossige Bürogebäude der TA-Media in Zürich – Hightech aus Buchenholz – das ohne Metallverbindungen auskommt.
Wie vielseitig, d. h. innovativ und modern der Baustoff Holz ist, darüber wird Richard Jussel am 16. Februar 2017 anlässlich der Tagung zu „Chancen und Entwicklungen im Holzbau“ referieren. Der diplomierte Zimmermeister und Techniker ist Geschäftsleiter der Blumer-Lehmann AG und seit 32 Jahren dem Betrieb treu. Auch bei seinen Hobbies steht der Baum an erster Stelle. Er fotografiert weltweit Baumrinden. Holz fasziniert und inspiriert ihn schon sein ganzes Leben lang.